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08.09.2020

Für Würde und Freiheit - "Werdenfelser Weg" im Caritas-Seniorenheim Freystadt

Eichstätt/Freystadt (dicv) - Ein pflegebedürftiger alter Mann geht alleine in aller Ruhe durch den Garten des Caritas-Seniorenheims St. Josef in Freystadt. Bis vor kurzem wäre das undenkbar gewesen, denn der Heimbewohner ist hochgradig sturzgefährdet. Dass das heute möglich ist, liegt an dem RCN-Walker, in dem er sich fortbewegt.

Sollte der Mann zusammensacken oder weiche Knie bekommen, kann er sich in dem Gehwagen direkt hinsetzen, ohne umzufallen. Drei solcher Walker hat sich das Seniorenheim mittlerweile angeschafft. „Die bringen den Bewohnern ein ganz großes Stück Freiheit“, freut sich Einrichtungsleiter Norbert Bittner. Und sie tragen auch erheblich dazu bei, dass freiheitsentziehende Maßnahmen wie etwa das Hochziehen von Bettgittern oder das Angurten um den Bauch im Rollstuhl nur noch in Ausnahmefällen vorkommen. „Diese Maßnahmen konnten um 80 Prozent reduziert werden. Derzeit werden nur noch zwei Bewohner zu ihrem Schutz fixiert“, so Bittner.

Zu Verfahrenspflegern qualifiziert

Er und der Freystädter Pflegedienstleiter Michael Baum haben sich mit rund 50 anderen Leitungs- und Pflegefachkräften bei einer Fortbildung des Diözesan-Caritasverbandes Eichstätt im vergangenen Jahr und dann verstärkt in der eigenen Einrichtung auf den „Werdenfelser Weg“ gemacht. Dieser verfolgt das Ziel, freiheitsentziehende Maßnahmen auf ein unumgängliches Minimum zu reduzieren. Die Beteiligten an der Fortbildung qualifizierten sich zu Verfahrenspflegern für gerichtliche Genehmigungsverfahren von Fixierungen. In ihren Häusern begleiten diese nun Pflegeteams, die Alternativen zum Freiheitsentzug für Bewohnerinnen und Bewohner individuell entwickeln und umsetzen. Wenn das allein mit einem RCN-Walker nicht gelingt, finden sich hier und dort ergänzende kreative Möglichkeiten. In Freystadt war das zum Beispiel für einen 130 Kilo schweren, akut sturzgefährdeten, demenzkranken und teilweise aggressiven Bewohner der Fall. Nachdem man ihn in den Walker gesetzt hatte, begann er, den Wagen auseinanderzunehmen, denn er war ein Tüftler. Dann gab man dem Heimbewohner ein Brett und Werkzeug. So war er hiermit beschäftigt. Er wurde weniger aggressiv. Und er nutzte den RCN Walker nun ausschließlich zur Fortbewegung. Dadurch stürzte er weniger als früher.

Auch um Stürze und schwerwiegendere Folgen zu vermeiden, gibt es in dem Seniorenheim inzwischen fast nur noch Niederflurbetten. Zwei davon lassen sich bis zum Boden herabsenken, die anderen bis zu 25 Zentimeter darüber. Ferner führte man auf Initiative der Mitarbeitenden eine „Bodenpflege“ ein: Im Aufenthaltsbereich wurde ein Matratzenlager eingerichtet. Jetzt können sich Menschen, die tagsüber häufig stürzen, öfters mal auf die Matten legen. Zudem wurden die Wände darum abgepolstert und ein Vorhang um das „Lager“ gezogen. „Das ist wie so eine Kuschelecke“, zeigt sich Pflegedienstleiter Baum nach wie vor von der Idee seiner Mitarbeitenden begeistert.

Wenn es als sinnvoll erscheint, legen diese auch Matten direkt vor die Betten der Bewohnerinnen und Bewohner: zum Beispiel bei einer inzwischen verstorbenen Frau, die ständig aus dem Bett herausfiel. Um eine Verletzung zu verhindern, wollte deren Tochter zunächst, dass die Bewohnerin fixiert wird, zum Beispiel durch ein Bettgitter. Dafür hätte sie auch nicht den dafür langwierigen Beantragungsprozess über das Amtsgericht gescheut. Doch Michael Baum und den Pflegefachkräften gelang es schließlich noch, sie davon abzubringen. Baum erklärte der Tochter: „Ihre Mutter war immer ein Mensch, der viel Bewegungsdrang hatte. Wenn man sie jetzt auch noch einsperrt, ist die Gefahr noch viel größer, dass sie über das Bettgitter steigt und sich wirklich schlimm verletzt.“ Für die Tochter war es zwar kein schöner Anblick, als sie ihre Mutter auf der Matratze auf dem Boden liegen sah. Doch diese konnte dort ruhig schlafen und verbrachte dank dieser Lösung bis zu ihrem Tod noch ein paar Monate zufrieden in dem Seniorenheim. „Und die  Tochter bedankte sich im Nachhinein, dass wir sie davon abhielten, auf einer Fixierung zu bestehen“, so Baum.

Den Einzelfall beurteilen

Freilich muss aus seiner Erfahrung immer der Einzelfall beurteilt werden: „Wenn beispielsweise ein demenzkranker Bewohner fortwährend aus dem Rollstuhl fällt, ist abzuwägen, ob er nicht zum Schutz doch besser in irgendeiner Weise fixiert wird.“ Und um eine ganz aktuelle freiheitsentziehende Maßnahme kommen Alten- und Pflegeheime in der Coronakrise nicht herum. „In so einem Fall müssen positiv getestete Bewohnerinnen und Bewohner sowie Verdachtsfälle in ihren Zimmern isoliert werden“, erklärt Norbert Bittner. Doch außer in solchen Ausnahmesituationen will er mit seinen Mitarbeitenden den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Nicht zuletzt dadurch ist dem Einrichtungsleiter zufolge auch der Medikamentenverbrauch in der Einrichtung stark gesunken. Bittner: „Mit dem Werdenfelser Weg beschreitet man einen würdevollen Weg.“

Peter Esser

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