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15.02.2023

Sonntagstreue statt Sonntagspflicht - Ein Standpunkt

Foto: Peter Weidemann, in: pfarrbriefservice.de

Szene 1: Sonntag Vormittag. Nach dem Duschen öffne ich das Fenster unseres Badezimmers. Ich höre die Glocken meiner Pfarrkirche läuten. Sie laden heute schon zum zweiten Mal zur Mitfeier des Gottesdienstes ein. Ich mag es, wenn an den Sonntag-Vormittagen der Klang der Glocken meiner Heimatstadt in der Luft liegt. Über 20 Mal wird sonntags bei uns in Neumarkt die Eucharistie gefeiert. Wenn die Glocken läuten, spüre ich eine Mischung aus erhabener Festlichkeit und heiliger Unterbrechung des Alltags in mir. Doch heute werden wir nicht zum Gottesdienst gehen. Wir feiern den Geburtstag unseres Neffen und müssen noch etwa eine Stunde dorthin fahren. Leider sehen wir uns nicht so oft, und wir genießen die Zeit Miteinander. Bevor es mit der Fahrt losgeht, genießen wir die Zeit in unserer Familie: Singen, Spielen, Kuscheln, gemütlich Frühstücken, Geschichten lesen. Wir sind froh, dass heute der Wecker nicht klingelt und wir heute Vormittag etwas Zeit für uns haben.

Szene 2: Sonntag Mittag. Der Gottesdienst in der Pfarrkirche ist zu Ende. Der Organist spielt ein festliches Stück zum Auszug. An den Ausgängen sammeln sich die Menschen. Wir kommen mit vertrauten und altbekannten Gesichtern ins Gespräch. Vom Schriftenstand für die Kinder nehmen wir zuvor noch eine Bastelanleitung mit. Unsere kleine Tochter möchte es, wenn wir daheim sind, gleich ausprobieren, Herzen aus Papier zu falten. Zufrieden fahren wir nach Hause zurück. Beim Kochen kommen wir noch ein wenig über die Predigt ins Gespräch. Und die Kleine singt beim Basteln ganz laut Gebetstexte des Priesters: "Lasset uns danken dem Herrrn, unsern Gott." Die Mitfeier des Gottesdienstes war für uns alle belebend, inspirierend, ja sogar etwas entspannend.

Es gibt für uns also Sonntage, an denen wir gerne und bewusst gemeinsam zum Gottesdienst gehen und mitfeiern, aber auch Sonntage, an denen wir uns bewusst Zeit für etwas anderes nehmen: Für die Familie, für Kultur oder einen Ausflug, für Freunde und Verwandte, für ein Fest, für eine Einladung. Doch wenn wir an der sonntäglichen Eucharistie ohne triftigen Grund (wie Krankheit oder die Pflege von Angehörigen) nicht teilnehmen, verstoßen wir gegen kirchliches Gesetz und sündigen. Warum ist der katholischen Kirche die Mitfeier des Sonntagsgottesdienstes wo wichtig?

Schon früh begannen die Christen, am ersten Tag der Woche, dem Tag nach dem jüdischen Sabbat, also am Tag der Auferstehung Jesu die Eucharistie zu feiern.Jeder Sonntag ist wie ein kleines Osterfest: Christen kommen zusammen, um Gottes Wort zu hören und im Mahl dem Leiden und Sterben Jesu sowie seiner Auferstehung zu gedenken. Seit wann genau das Sonntagsgebot gilt, ist nicht merh nachzuvollziehen. Seit dem 20. Jahrhundert ist es in den kirchlichen Gesetzbüchern verankert. Für Millionen von getauften Kirchenmitgliedern in unserem Land spielt diese Pflicht in ihrem persönlichen Glaubensleben keine Rolle mehr. Ob sie deswegen alle als Sünder zu betrachten sind?

Wir wissen, dass lange Zeit der sonntägliche Kirchenbesuch vor allem über den  sozialen Druck oder durch entsprechende Drohbotschaften  erwzungen wurde. Wir wissen auch, dass sich ein gelungenes Leben und gelebtes Christ-Sein nicht alleine an der Erfüllung der Sonntagspflicht messen lassen können. Und die Aufzählung von Ausnahmen im Kirchenrecht oder auch die Dispensierung in der Corona-Zeit weisen schon darauf hin, dass es Lebenssituationen gibt, die die Mitfeier der sonntäglichen Eucharistie unmöglich machen: Wenn jemand am Sonntag arbeiten muss, wenn einer alt oder krank ist, wenn sich jemand um Familie und Beziehung kümmern muss, wenn das Verhältnis zur Kirche, zur Pfarrgemeinderat oder einem Priester gestört ist , wenn jemand Ablehnung, Feindschaft, Missbrauch erfahren hat. Und es gibt so viele Menschen, die  die Messe als leeres Ritual empfinden, die sich von Musik und Texten nicht angesprochen fühlen, die eine Doppelmoral wahrnehmen. Vielen passt die Gottesdienstzeit nicht. Wem steht es zu, über all die Gründe zu urteilen?

Ja selbst treuen und eingefleischten Kirchgängerinnen und Kirchgängern empfinden es so,  dass ihre Geduld und Leidensfähigkeit oftmals überbeansprucht wird. Der korrekte liturgische Vollzug steht sehr häufig im Vordergrund. Qualität, Mitwirkung, Verständlichkeit, Herzlichkeit, Tagesaktualität, Vielfält sind oftmals Fremdworte in unseren Gottesdiensten. Weil eine lebendige Gemeinschaft fehlt, die Generationen und Kulturen miteinander verbinden kann, zehrt dies am Grundcharakter der Eucharistiefeier. Der Tilburger Theologe Stefan Gärtner pointiert es folgendermaßen: „Die Sonntagspflicht lenkt darüber hinaus von der Frage ab, warum so viele Kirchenbänke tatsächlich leerbleiben. Sie hat etwas von innerkirchlicher Publikumsbeschimpfung.“ Erschwerend kommt ja hinzu, dass mancherorts Pastoral auf die Feier von Gottesdiensten verengt und die Erfüllung der Sonntagspflicht als Erfolgskriterium für die pastorale Arbeit gesehen wird. Stellt dies nicht auf den Kopf, was Jesus einmals agte: "Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat"?

Wenn man ehrlich sein will, muss man sagen, dass die Sonntagspflicht schon vor Corona durch die Nichtbeachtung dieses Gebots durch das Kirchenvolk faktisch ausgesetzt war.Wenn in diesen Wochen in einigen Bistümern die coronabedingte Befreiung von der Sonntagspflicht nun wieder aufgehoben wird, muss daher dringend – wenn dies nicht lächerlich oder tragisch-komisch klingen soll – die Gestaltung des Sonntags weiterentwickelt werden: Sollten wir zukünftig nicht eher von einer "Sonntagstreue" sprechen, wie es der Theologe Dominik Blum zu Zeiten des Lock-Downs tat. Er formulierte es so: Die Kirchenbesuchs-Quote sage wenig aus "über die Art und Weise, wie Menschen ihre Freundschaft zu Jesus Christus gestalten. Ist es denn sinnvoll, diesen einen, wichtigen Freundschaftsbeweis, den sonntäglichen Besuch der Eucharistiefeier, in solch einem Maß zum Kriterium der Nachfolge, der Freundschaft zu Jesus Christus zu machen?" Die Pflege meiner Beziehung zu Gott, meiner Freundschaft mit Jesus (Gottesliebe) ist also in Verbindung zu sehen mit der Pflege von Beziehungen (Nächstenliebe) und in die Sorge um mich und mein persönliches Wohlbefinden (Selbstliebe). Ein liebevoll und lebendig gefeierter Sonntagsgottesdienst kann entspannen, beleben und inspirieren – und mich einladen, der Freundschaft mit Jesus einen Platz in meinem Leben und in meinem Beziehungsnetz zu geben. Er ist Erinnerung, Ansporn und Ermutigung, nicht Erfüllung einer lästigen Pflicht. Er gibt dem Sonntag und der ganzen Woche einen tieferen Sinn. Er kann für erhabene Festlichkeit und eine heilige Unterbrechung meines Alltags sorgen. Vor allem daran kann die Kirche, können unsere Pfarrggemeinden und kann auch ich selbst wieder und wieder arbeiten.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt und Habsberg

Die nächsten Termine

Freitag, 26. April
Bildungs- und Familienwochenende: Eine Einladung zum generationsübergreifenden Treffen
Ort: Jugendtagungshaus Schloss Pfünz
Veranstalter: Referat Ehe und Familie im Bistum Eichstätt
19.00 Uhr
Samstag, 27. April
10.00 Uhr
Sonntag, 28. April
10.00 Uhr
Montag, 29. April
18.00 Uhr
„Kirche in der Welt von heute“: „Tag der Diakonin“
Ort: Wallfahrtskirche Mariä Namen - Trautmannshofen
Veranstalter: Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB) im Bistum Eichstätt
20.00 Uhr
Wegweisung - Stärkung - Halt - Bibel teilen
Veranstalter: Pfarrei St. Johannes Neumarkt
Mittwoch, 01. Mai
10.00 Uhr
FUßSTERNWALLFAHRT ZUM EICHLBERG
Veranstalter: Pfarrverband Seubersdorf
Samstag, 04. Mai
09.30 Uhr
Sonntag, 05. Mai
09.30 Uhr
Nachprimiz in Berching von Thomas Büttel
Veranstalter: Pfarrei Berching
17.00 Uhr
Zum Glück gibt es Wege - Anselm Grün & Clemens Bittlinger
Ort: Pfarrheim St. Elisabeth Postbauer-Heng
Veranstalter: Pfarrei Postbauer-Heng
18.00 Uhr
ALLEIN UND GELASSEN - Abendmesse
Ort: Münster St. Johannes Neumarkt
Veranstalter: Pfarrei St. Johannes Neumarkt
Montag, 06. Mai
19.00 Uhr
Ökumenisches Friedensgebet
Ort: Ecclesia Neumarkt
Veranstalter: Ökumenischer Arbeitskreis Religionsfreiheit
Samstag, 11. Mai
09.30 Uhr
14.30 Uhr
Diözesaner Kinderchortag
Veranstalter: Stabsstelle Amt für Kirchenmusik
Sonntag, 12. Mai
19.00 Uhr
Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die im Klinikum Verstorbenen
Ort: Klinikkapelle Neumarkt
Veranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt
19.30 Uhr
Benefizkonzert mit Wolfgang Buck - "Visäwie"
Ort: Evangelische Christuskirche Neumarkt
Veranstalter: Evangelische Kirchengemeinde Neumarkt