Was aber soll bleiben? - Kirchenpolitische Gedanken zum Aschermittwoch
Bedenke Mensch: Staub bist du, und zu Staub kehrst du zurück! Mit diesen Worten bei der Aschenauflegung beginnen wir Katholiken die 40 Werktage dauernde österliche Bußzeit. Wir sind eingeladen, wieder einmal darüber nachzudenken, woher wir kommen, was unsere Bestimmung ist, was uns wirklich wichtig ist, woran wir uns orientieren wollen, was unser Leben prägen soll. Wir wollen in unserer Beziehung zu Jesus Christus wachsen und uns immer mehr für das öffnen, was Gott für uns getan und gewirkt hat. Viele bemühen sich in dieser Zeit, auf so manchen Speckring zu verzichten oder auch lieb gewonnene Gewohnheiten, falsche Sicherheiten oder die ein oder andere Bequemlichkeit hinter sich zu lassen.
Was für jeden einzelnen und jede einzelne für uns gilt, ist auch ein Auftrag an die gesamte Kirche als die Gemeinschaft der Getauften und Berufenen. „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ – Ist diese Aufforderung aus dem Mund Jesu nur individuell zu verstehen? Die Hirtenworte, Predigten und geistlichen Gedanken von Bischöfen und Priestern, aber auch das Auflegen der Asche vor allem durch die Kleriker könnten fast den Eindruck erwecken, Umkehr, Fasten und Neuausrichtung sei eine persönliche Auflage des oder der Einzelnen und nicht der Kirchenleitung. „Für eine Kirche, die Umkehr nicht nur predigt, sondern selber lebt“ – so lautet passend dazu der Untertitel eines Buches von Martin Werlen, einem Schweizer Benediktiner. Und mit Hinblick auf den derzeitigen Zustand der katholischen Kirche formulierte es die Erfurter Theologieprofessorin Julia Knop so: „Vieles Gewohnte ist schier unerträglich geworden, gerade weil es kirchlicherseits so weitergeführt wird, als wäre nichts geschehen. Als könnte man am Freitag ein Missbrauchsgutachten vorstellen und öffentlichkeitswirksam himmelschreiende Sünden von Klerikern beklagen, aber am Samstag neue Domkapitulare einführen und am Sonntag ein ganz normales Pontifikalamt feiern.“ Dass derzeit viele Menschen der Kirche den Rücken zukehren und nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen, sind nicht nur abertausende individuelle Einzelentscheidungen gegen diese Gemeinschaft, sondern beruht auch auf systemischen Missständen und massiven Fehlentwicklungen in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten.
Auch im Bistum Eichstätt ist ein großer Vertrauensverlust entstanden, der am Wegbleiben vom Gottesdienst und in einer schmerzlichen Fülle an Kirchenaustritten sichtbar wird. Auch bei uns treten Menschen aus der Kirchensteuerzahlergemeinschaft Kirche aus, obwohl sie sich dezidiert als gläubige Christen verstehen. Auch bei uns unterstützen Ausgetretene Pfarreien und Initiativen vor Ort mit nicht unerheblichen Finanzmitteln. Neben denen, die sich innerlich lange schon der traditionellen christlichen Glaubenspraxis entfernt haben, gehen nun auch Personen, die der Kirche nicht mehr zutrauen, ihnen bei den Entfaltung ihres Glaubens und ihrer persönlichen Gottesbeziehung zu helfen.
Ich sehe drei Hauptgründe dafür:
1. Der Missbrauch und die Gewalt an Schutzbefohlenen hat die moralischen Ansprüche der katholischen Kirche innerhalb weniger Jahren wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen lassen. Schon vor dem Ausbruch der Missbrauchskrise waren Maßgaben für die persönliche Lebensführung bei vielen Katholiken nicht mehr akzeptiert. Der Bogen wurde zuvor schon überspannt, nun aber ist jede noch so gut gemeinte ethische Positionierung als „Doppelmoral“ diskreditiert. Für viele Predigten und Positionen mangelt es an Glaubwürdigkeit. Das „Übel des Klerikalismus“, wie es Papst Franziskus bezeichnete, sitzt tief. Auch eine „spirituelle Überhöhung des Gehorsams“ führte, so Julia Knop, zum „Systemversagen“. Es ist derzeit noch offen, ob die dringend gebotene Reduzierung des Machtgefälles innerhalb der Kirche vorankommt. Präventionskonzepte alleine werden hier sicherlich genügen.
2. Ein durch ständig sprudelnde Steuereinnahmen finanzierte Kirche hat in den letzten Jahren eindeutig über ihre Verhältnisse gelebt. Wo nun die Finanzen massiv einbrechen, bemerken die Kirchensteuerzahler, unter ihnen vor allem die engagierten Ehrenamtlichen, dass von den vor Ort generierten Einnahmen nur wenig in den Pfarrverbänden und Pfarreien ankommt. Je weniger Steuermittel fließen, desto stärker wird an das Eigenengagement der Gläubigen vor Ort appelliert. Sparmaßnahmen betreffen Ordinariatsangestellte und pastorales Personal, wo aber die Leitung der Diözesen spürbar den Gürtel enger schnallen, bleibt unklar. Im Gegenteil: Im Bistum Eichstätt hat der risikobehaftete Umgang mit Vermögen, für den auch die Leitung der Diözese eine gewisse Mitverantwortung trägt, zu großem Vertrauensverlust geführt. Es rächt sich, dass sich in den Bistümern keine Gewaltenteilung und keine ausreichende Kontrolle entwickeln konnte. Von einer dezentralen Verwendung der Einnahmen sind wir noch weit entfernt. Zentralismus und Bürokratismus konnten sich auch in Eichstätt bisweilen ungebremst ausbreiten.
3. Der Priestermangel führte schon in den vergangenen Jahrzehnten – als noch genügend Finanzmittel vorhanden waren – allerorten zu Vergrößerung pastoraler Räume und zu immer stärkerer Lebensferne der Geistlichen. Theologisch war man jedoch nicht in der Lage, darauf zu reagieren. Obwohl die Zahl der geweihten Priester – und übrigens auch die Zahl der pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – schon so lange zurückgeht, wurde kaum langfristig daran gearbeitet, um von einer priesterzentrierten Seelsorge und von einer im Wesentlichen durch hauptamtliche Experten gestützte Pfarreiarbeit wegzukommen. Dass sich – etwa bei der Zahl von Sonntagsgottesdiensten – nichts ändern werde, man das Bistum eben nur anders organisieren müsse, erweist sich von Jahr zu Jahr mehr als hilflose Illusion. Auch Geistliche aus Indien, Afrika oder Ordensgemeinschaften konnten keine Wende bringen. Im Gegenteil: Es gelang ihnen oftmals nicht, mit ihrer Arbeit an der Sprache und Kultur, an der Glaubenspraxis und am Alltag der Menschen anzuknüpfen. Neu geweihte Priester mit einem teils weltfremden Gottesbild und bisweilen reaktionären Kirchenverständnis sind keine Hilfe, um Ehrenamtliche zu begeistern und zu befähigen. Qualitätskontrolle, Mitarbeitergespräche, Personalverantwortung oder Führungsverantwortung galten lange auch im Bistum Eichstätt als Fremdworte. Ob der Plan nun aufgeht, im Rahmen einer Ordinariatsreform mit den in der Zentrale noch verfügbaren pastoralen Kräften die pfarrliche Seelsorge vor Ort zu stärken?
„Kirche umbauen – nicht totsparen“ lautete vor Jahren schon ein Buchtitel des Wiener Pastoraltheologen Paul M. Zulehner. Darum dürfte es in den nächsten Jahren wohl gehen: Kirche weiterzuentwickeln und nicht in einem betriebswirtschaftlichen Kahlschlag mit katastrophalen pastoralen Folgen zu schrumpfen. Wir brauchen nicht „verkleinernden Rückbau der Kirche in die Vergangenheit“, wie es Zulehner formulierte. Saniert werden dürfe nicht „der Betrieb unter Beibehaltung all seiner Krisensymptome.“ Finanzielle Sanierung alleine schafft noch keinen Aufbruch in die Zukunft, ist sich Zulehner sicher, „schon gar nicht dann, wenn der Kirchenbetrieb in einer Gestalt saniert wird, die in früheren Zeiten erfolgreich war ist und dabei ist zu vergehen.“ Ein Umbau kann also nicht der Rettung des volkskirchlichen Modells dienen. Wer also glaubt, alleine mit ökonomischer Intelligenz die aktuellen Probleme zentralistisch-bürokratisch beheben zu können, wird wenig Zukunftsweisendes hervorbringen. Der Bochumer Neutestamentler Thomas Söding erklärte es so: "Wachstumsszenarien, die an der Vergangenheit, an der Volkskirche, maßnehmen, sind von vornherein verfehlt. Wachtsumsziele, die auf Qualität setzen, auf Bildung, die Glaube und Freiheit, Selbstbestimmung und Kirchenmitgliedschaft verbindet, sind zielführend. Hier müssen noch viele Lektionen gelernt werden, am stärksten bei den Kirchenleitungen". "Umkehr“ meint also nicht „Rückkehr“, sondern Wandel und Neuausrichtung am Evangelium – von der Wurzel her. Nicht nur Konzepten, Sparmaßnahmen, Organigrammen und Stellenplänen, sondern auch im Ermöglichen, Ermutigen, Ermächtigen des Gottesvolkes, seinen Weg im Vertrauen auf Gottes lebendigen Geist zu gehen. Gemeinsam sind wir eingeladen, darüber nachzudenken, woher wir kommen, was unsere Bestimmung ist, was uns wirklich wichtig ist, woran wir uns orientieren wollen, was unser kirchliches Leben prägen soll. Wir wollen als Kirche in unserer Beziehung zu Jesus Christus wachsen und uns immer mehr für das öffnen, was Gott für uns getan und gewirkt hat. So vieles, was wir mit uns herumtragen, ist nur vergänglicher Staub. Was aber soll bleiben?
Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg
Die nächsten Termine
- Sonntag, 31. März
- 10.30 UhrKinderkircheOrt: Hofkirche NeumarktVeranstalter: Pfarrverband Neumarkt Hofkirche-Hl. Kreuz-Pelchenhofen
- 11.00 UhrKinderkircheVeranstalter: Pfarrei St. Johannes Neumarkt und Flugsportvereinigung Neumarkt e.V.
- Montag, 01. April
- Osterwoche im Jugendhaus SchneemühleOrt: Jugendhaus Schneemühle
- Sonntag, 07. April
- 13.30 UhrRundgang zu hist. Stätten jüdischer Vergangenheit Neumarkts - Teil 1 MikweVeranstalter: Tourist-Information Neumarkt
- Montag, 08. April
- 19.00 UhrÖkumenisches FriedensgebetOrt: Filialkirche St. Walburga HolzheimVeranstalter: Ökumenischer Arbeitskreis Religionsfreiheit
- Mittwoch, 10. April
- 19.30 UhrLebensmittel nachhaltig einkaufen: Bezirksveranstaltung der LandfrauenvereinigungOrt: Pfarrheim WaldkirchenVeranstalter: Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB) im Bistum Eichstätt
- Freitag, 12. April
- Gruppenleiterschulung 1 & 2Ort: Diözesanjugendhaus HabsbergVeranstalter: Katholische Jugendstelle Neumarkt
- Dienstag, 16. April
- 19.00 Uhr„Die Gesundheit wird digital“ Verbraucherservice des Frauenbundes informiertOrt: Pfarrheim IllschwangVeranstalter: Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB) im Bistum Eichstätt
- 19.30 UhrPubertätskabarett mit Jan-Uwe Rogge und Matthias JungOrt: Aula des Landratsamts NeumarktVeranstalter: Katholische Erwachsenenbildung (KEB) Neumarkt-Roth-Schwabach und Evangelisches Bildungswerk Neumarkt-Altdorf-Hersbruck (NAH)
- Mittwoch, 17. April
- 19.00 UhrHerr lehre uns beten - Beten neu entdeckenOrt: Caritas Seniorenheim St. FranziskusVeranstalter: Pfarrei Berching
- Donnerstag, 18. April
- Sonntag, 21. April
- 11.00 UhrKinderkircheVeranstalter: Pfarrei St. Johannes Neumarkt
- Freitag, 26. April
- Bildungs- und Familienwochenende: Eine Einladung zum generationsübergreifenden TreffenOrt: Jugendtagungshaus Schloss PfünzVeranstalter: Referat Ehe und Familie im Bistum Eichstätt
- Samstag, 27. April
- 10.00 Uhr
- Sonntag, 28. April
- 10.00 Uhr
- Montag, 29. April
- 20.00 UhrWegweisung - Stärkung - Halt - Bibel teilenVeranstalter: Pfarrei St. Johannes Neumarkt
- Samstag, 04. Mai
- 09.30 Uhr