Dekanat Neumarkt: Detailansicht Dekanatsnachrichten Neumarkt

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Aus 1000 Teilen besteht das Puzzle, das mir meine Kollegen zum Geburtstag geschenkt haben: Es zeigt eine Szene aus einem winterlich verschneiten Dorf. Immer wieder sitze ich abends davor, und Schritt für Schritt entsteht aus den einzelnen Stückchen ein Motiv. Besonders schwierig empfinde ich die größeren Flächen von Schnee oder blauem Himmel. Hier gibt es so viele unterschiedliche Töne und Schattierungen, so dass ich konzentriert und aufmerksam bei der Sache sein muss. Es gilt, auf winzige Details zu achten. Doch die Freude steigt, je mehr Personen, Gegenstände oder Häuser man zusammensetzen und erkennen kann. Jedes noch so kleine Puzzleteil ist wichtig, damit ein großes Ganzes entstehen kann.

Wenn zuletzt Vertreterinnen und Vertreter aus unterschiedlichen Diözesen, Ordensgemeinschaften, kirchlichen Gremien und katholischen Organisationen zur Versammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt zusammenkamen, um über Reformen in der Kirche zu sprechen, stelle ich mir es ähnlich vor: Es gibt unterschiedliche Standpunkte, Erfahrungen, Herangehensweisen und Horizonte, die zu einem Mosaik zusammengefügt werden müssen. Jeder und jede einzelne ist wichtig und kann etwas zum großen Ganzen beitragen. Das Wer kann nur gelingen, wenn alle beteiligt sind. Nach den schrecklichen Missbrauchsskandalen scheint Bewegung in die Sache oder besser: in die Kirche gekommen zu sein. Fast alle haben erkannt: So wie bisher kann es nicht weitergehen. Das System Kirche ist krank. Wir müssen uns gemeinsam auf den Weg machen, um Kirche zu verändern und weiterzuentwickeln – damit sie die Menschen in unserem Land auch in Zukunft für die Frohe Botschaft begeistern kann.

Für mich bleibt die Frage aber noch offen, ob diese Aufgaben mit dem gewählten Format bewältigt werden können. In einer wahren Interviewflut versuchten Versammlungsteilnehmer schon vor den Beratungen, die Öffentlichkeit für sich und ihre eigenen Standpunkte zu gewinnen. Außerdem beobachte ich aus der Ferne, dass es einigen vor allem um eine Verschiebung von Macht zu gehen scheint. Über schwierige und komplexe Themen werden wie in einem Parlament in kürzester Zeit beraten und beschlossen. Und dazu kommt, dass der Synodale Weg ein „Konstrukt ohne Unterbau ist“, wie es der Eichstätter Vertreter Christian Gärtner neulich bei einer Versammlung in Neumarkt sagte: Zwischendurch zu fragen, was die Menschen vor Ort denken und fühlen – das ist in diesem Prozess offensichtlich nicht angelegt.

Ja, das Machtgefälle muss minimiert und dem Machtmissbrauch vorgebeugt werden. Ja, das System Kirche muss auf Vordermann gebracht werden, um in Zukunft überhaupt noch relevant sein zu können. Und ja, Wahlen und demokratische Formen sind auch in der Kirche kein Teufelszeug. Doch wer sich in dieser Kirche Tag für Tag engagiert, spürt auch: Es braucht auf allen Ebenen und zu allen Themen einen „Raum für die offene Rede“ und die „Atmosphäre eines transparenten Miteinanders“, wie es der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke neulich forderte. Es braucht eine neue Kultur des Miteinanders, die sich am Evangelium orientiert. Es braucht ein aufmerksames Wahrnehmen, Hinschauen und Zuhören. Vielleicht haben wir in den letzten Wochen und Monaten ja auch gelernt: Bei niemandem kann die alleinige Wahrheit, die alleinige Erkenntnis, die alleinige Macht liegen. Jeder und jede einzelne kann dazu beitragen, dass das große Ganze gelingen kann. Sollten wir nicht lernen, einander mehr wertzuschätzen und ernst zu nehmen? Wie bei einem Puzzle sind die vielen Details und Schattierungen sinnvoll und sogar notwendig, damit das Motiv am Ende wirken kann. Die Vielfalt an Farben und Formen gehört dazu und hat ihren Sinn. Es geht nicht so sehr um die Frage, wie wir Abstimmungen durchführen und demokratische Mehrheiten organisieren, sondern darum, wie jeder und jede etwas beitragen darf und kann zu einem farbigen Puzzle oder zu einem strahlenden Mosaik.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg

Texte von Christian Schrödl auf den Homepages der Dekanate Neumarkt und Habsberg:

"Es trotzdem probieren" - Ein Impuls zur Diskussion um die Missbrauchsfälle (30.1.2021)

"Die Sehnsucht nach mehr" - Impuls für den Alltag (16.1.2021)

"Welche Überschrift?" - Ein Impuls zum Fest "Taufe des Herrn" (9.1.2021)

"Da fielen sie nieder"- Ein Kommentar zum Hochfest "Erscheinung des Herrn" (6.1.2021)

"Zu Engeln und Friedensbringern werden" - Weihnachtsgrüße 2021 des Dekanates

"Werde Licht-Träger!" - Impuls für den Alltag (12.12.2021)

"Einstimmen und vorbereiten" - Gedanken zum Advent (28.11.2021)

"Der fehlende Sankt Martin" - Impuls für den Alltag (14.11.2021)

"Wie Gottes Geist durch das Dekanat weht" - Zum Dekanatsforum (9.11.2021)

"Zeit der Lichter" - Impuls für den Alltag (7.11.2021)