Auf der Suche nach neuem Mut: Impuls zum Fest Kreuzerhöhung

„Es ist vollbracht“ – Diese Worte spricht der Gekreuzigte nach der Schilderung des Johannesevangeliums in der Stunde unendlichen Schmerzes und tiefster Erniedrigung. Der Auftrag des Vaters wurde also erfüllt, Leid und Qual hatten somit einen Sinn, gerade im Kreuz ist für die Menschen das Heil zu finden. Wenn wir Katholiken am heutigen Tag das fest „Kreuzerhöhung“ feiern, führen wir uns nicht einfach nur das Scheitern und das Martyrium des irdisch-sichtbaren Jesus vor Augen, sondern sind uns gewiss: Gott lässt die Leidenden nicht alleine, auch im Leiden  kann ein tieferer Sinn liegen. Im Blick auf das Kreuz Jesu kann ich immer wieder meditieren, dass auch der Weg des Leides zu meinem Leben dazugehört. Selbst im Gebrochenen darf ich Fülle und im Unvollendeten die Erlösung entdecken.   

Mich selbst treiben derzeit – Gott sei es gedankt – nicht Alter, Krankheit und Gebrechlichkeit oder eine zerbrochene Beziehung oder ein anderer Schicksalsschlag um. Als kirchlicher Mitarbeiter macht mir derzeit vor allem der Zustand der Kirche zu schaffen. Ja, ich leide schon seit Jahren mit und in meiner Kirche. Und da will ich noch gar nicht von Missbrauchskrise und öffentlich ausgetragenen Machtkämpfen sprechen. Ich leide etwa darunter, dass Pfarrgemeinden immer weniger eine spirituelle und soziale Heimat für die Menschen von heute sind. Ich leide unter mangelnder Wertschätzung, Beteiligung und Teamarbeit auf allen Ebenen. Ich leide unter der Ideen- und Konzeptlosigkeit, die ich um mich herum wahrnehme. Ich leider unter dem Druck, dass alles möglichst so bleiben oder sein muss wie immer. Ich leide darunter, dass in den Pfarreien für das Leben, Fragen und Suchen von Familien  kaum mehr Platz ist, dass sich vor Ort das spirituelle Leben auf immer weniger Formen und Formate verengt. Ich leide unter der Leb- und Lieblosigkeit von Gottesdiensten und der mangelnden Lebensnähe. Vor allem tut es mir weh, wenn andere unter der Kirche leiden, wenn sie sich enttäuscht abwenden und wegbleiben. Wo doch der der christliche Glaube ein so vielfältiges und buntes Geschenk ist!

Manchmal überkommt mich das Gefühl: Die Situation ist zum Davonlaufen, Kündigen, Austreten. Unzufriedenheit und Pessimismus nehmen schier überhand. Doch denke ich mir: Das Leben im Glauben und die vielen gelungenen Momente von Beziehung und Gemeinschaft haben mein Leben über Jahrzehnte hinweg geprägt. Ich darf dankbar für die vielen Situationen, Begegnungen und Angebote sein, die meinen Werdegang so bereichert haben. Kann ich darin nicht immer wieder auch die Spuren Gottes entdecken? Ja, auch in Krise und Katastrophe, in Kummer und Leid, in Misserfolg und Loslösung darf ich etwas von der Fülle und der Vollendung spüren. Wer die Unvollkommenheit, das Scheitern, das Leid bewusst wahrnimmt, kann auch etwas von dem großen Ganzen und der umfassenden, ewigen Liebe Gottes erahnen. Der bewusste Blick auf das Kreuz ist nicht bloß ein Augenblick andächtiger Verehrung, sondern kann für mich auch zur Ermutigung werden, weiterzugehen und weiterzumachen.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg 

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