Die Sehnsucht nach mehr: Impuls für den Alltag
„Mir reicht’s! Ich habe genug von trübem Nieselregen und nebeligem Einerlei!“ – geht es Ihnen nicht auch manchmal so? Die Sonnentage in der letzten Zeit lassen sich an einer Hand abzählen. Das gleichbleibende Winterwetter drückt meine Stimmung, ich fühle mich auch körperlich nicht ganz wohl. Eine klare Kälte mit Sonnenschein und auch etwas Schnee und Eis wären mir viel lieber. „Inversion“ nennen das die Metereologen: Die Luftschichten durchmischen sich nicht, Wolken und Nebel bilden eine stabile Sperre, die uns den Blick auf den freien Himmel verwehrt.
Wie gut, dass ich neulich meinen Sommerurlaub gebucht habe und schon ein wenig von schönen Sommertagen im Chiemgau träumen kann. Und abends sitze ich über einem Fotobuch zu einer Romreise im letzten Herbst. Dabei kann ich die milden Temperaturen und die Unbeschwertheit dieser Tage noch etwas nachklingen lassen. Ich gebe es zu: Das Fernweh holt mich oft ein, gerade an den trüben Wintertagen. Ich greife dann zu Urlaubsbroschüren, Reiseführern und zu Ferienangeboten. Ich gebe dann für eine kurze Weile meinen Träumen und meiner Sehnsucht nach. Es geht mir dann einfach besser.
Doch mein Alltag wird nicht nur von nebelgrauem Wetter eingetrübt. Es gibt auch andere Belastungen: Stress und Zeitdruck im Büro, familiäre Verpflichtungen zu einer Unzeit, komplizierte handwerkliche Arbeiten zuhause, Schwierigkeiten im Ehrenamt, die Unwägbarkeiten einer Pandemie. Manchmal denke ich mir: Da muss es doch noch etwas mehr geben, das Leben muss doch mehr sein als nur die Summe von alltäglicher Mühsal! Es muss doch alles einen tieferen Sinn haben! Könnte ich mich noch viel mehr entfalten, als ich das gerade tue? Was ist das Ziel und was Wesentliche in meinem Leben?
Diese Fragen darf ich zulassen – so wie ich auch manchmal meinem Fernweh nachgeben darf. Und ich bin mir sicher: Dort, wo ich meine Sehnsucht, mein Zweifeln, Fragen, Nachdenken zulasse, da kann ich auch Gott finden. Dort kann ich meinen tragenden Grund, meine Quelle der Inspiration und ein mögliches Ziel meines Weges entdecken. Ich muss dazu nicht eigens in den Urlaub fahren: Ein kurzes Innehalten im Bürobetrieb, das Entzünden einer Kerze, der Besuch einer Kirche, das bewusste Einatmen von frischer Luft, das Abschalten des Smartphones kann schon genügen, um mehr mit mir selbst und mit Gott in Berührung zu sein. Vielleicht kann dies ja auch meine Sehnsucht nach mehr Tiefgang, nach Sinn und Ziel für das Leben ein wenig stillen!
Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg
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