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07.07.2023

Wie Willibald zu den Menschen gehen: Gedanken zur Zahl der Kirchenaustritte

Foto: pixabay

7. Juli: Willibaldstag. Die Diözese Eichstätt gedenkt heute ganz besonders seines Gründers, des heiligen Willibald. 1.278 Jahre ist das Bistum Eichstätt nun schon alt. Im Neumarkter Stadtteil Woffenbach und vielen anderen Orten mit einem Willibald-Patrozinium feiern die Menschen aus diesem Anlass „Kirwa“: Tanz und Musik, Essen und Trinken, Spiele und Unterhaltung, Umzüge und Konzerte zeichnen diese hochsommerlichen Feste aus. Es ist schön, dass Menschen zusammenkommen und miteinander feiern.  Da wird Zusammenhalt und Gemeinschaft und auch eine Gelassenheit spürbar, an denen es in unserer Gesellschaft so oft mangelt. Doch sind wir ehrlich: Wer von den Mitfeiernden kann etwas vom aufregenden Leben des heiligen Willibald erzählen oder war in den letzten Jahren einmal in Eichstätt am Grab des Bistumsptarons? Wie vielen der „Kirwaleut“ ist auch die Mitfeier des Gottesdienstes eine Herzensangelegenheit? Mit den Kirchweihen ist es wie mit vielem in unserer Gesellschaft: Der Glaube und auch die Kirche spielen nicht mehr eine so starke Rolle wie in früheren Zeiten.

Alleine im letzten Jahr erklärten 8.637 Menschen im Bistum des heiligen Willibald ihren Austritt aus der katholischen Kirche. Das entspricht in etwa einer Pfarrei in der Größe der Münsterpfarrei St. Johannes. Im Stadtgebiet von Neumarkt alleine waren es 440 Katholiken, doppelt so viele Menschen wie Gläubige in der Pfarrei Pelchenhofen wohnen. Und aus vielen gesprächen wissen wir auch: Es sind nicht nur Menschen, die nichts mit Religion am Hut haben oder sich die Kirchentsuer sparen wollen. Nein darunter sind auch viele gläubige und praktizierende Christen, die sich voller Enttäuschung, Frust oder Entsetzung von ihrer Kirche abgewandt haben. Innerhalb eines Jahres haben 2,31 % der Katholiken dem Bistum Eichstätt den Rücken zugekehrt. Das geht nicht spurlos am Bischof, an der Leitung der Diözese und an den tausenden haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorbei.

Und doch hat alles ganz klein begonnen: Eine klösterliche Siedlung in Eichstätt war wohl die Keimzelle der Missionsarbeit von Willibald und seiner Mitstreiter. „Ora et labora!“, „Bete und arbeite!“ – von diesem benediktinischen Motto dürfte Willibald wohl auch in seiner Eichstätter Missionszeit geprägt gewesen sein. Immerhin zehn Jahre hatte der gebürtige Angelsachse zuvor im italienischen Benediktinerkloster Montecassino verbracht. „Beten und arbeiten“, das ist wie „Einatmen und Ausatmen“, wie „Besinnen und Handeln“ oder wie „Maria und Marta“. Vielleicht war auch die Missionstätitgkeit von Willibald und seinem Team ein ständiger Wechsel von Gebet und Verkündigung, von Verweilen und Hinausgehen, von Hören und Werben. Vielleicht waren die Mönche auch unterwegs wie die von Jesus ausgesandten Jünger, die folgenden Auftrag erhalten hatten: „Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe! Grüßt niemand unterwegs! Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus! Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet; denn wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn. Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt. Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt den Leuten: Das Reich Gottes ist euch nahe.“

Nach über 1.200 Jahren Kirchengeschichte ist von dieser Schlichtheit und Direktheit kaum mehr etwas übrig. Jahrhundertelang waren die Bischöfe weltliche Landesherren, die mit Hilfe ihrer Vögte und Pröpste ein Territorrium regierten.  Später entstand auch eine kirchliche Zentralverwaltung, ein eigener Apparat, der den Bischof in der Leitung der Diözese unterstützte und sich dabei – wie die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zeigte – bisweilen verselbständigte. Sexueller Missbrauch, unkontrollierter Umgang mit Finanzmitteln und übermäßiges Wachstum der Zentrale, einhergehend mit einem immensen Vertrauensverlust sind auch Themen, die das Bistum Eichstätt unmittelbar betreffen. Der Klerikalismus, ob von den Geweihten selbst oder den Gläubigen vor Ort befeuert, und damit einhergehend auch ein gewisses Einzelkämpfertum und eine Versorgungsmentalität haben sich auch im Bistum Eichstätt als großes Hindernis für missionarische Veränderungen und anstehende Veränderungsprozesse erwiesen.

Gregor Maria Hanke, langjähriger Abt des Benediktinerklosters Plankstetten und seit 2006 der 81. Nachfolger von Bischof Willibald, spricht nun vor der Hintergrund der aktuellen Austrittsszahlen von sehr schmerzlichen Erfahrungen: „Jeder und jede, die und der uns verlässt, hinterlässt eine Lücke. Wir vermissen diese Menschen.“ Die Ausgetretenen würden den Verantwortlichen im Bistum Hausaufgaben „für den Weg in eine Kirche der Zukunft“ geben, hieß es auf der Bistumshomepage.  Wie kann dieser Weg also nun aussehen? Lässt sich aus der Geschichte des Bistums Eichstätt etwas lernen?

Von „verschiedenen Maßnahmen“ ist auf der Bistumshomepage zu lesen, die in der kommenden Zeit angegangen werden müssten. Bischof Gregor Maria Hanke spricht auch von „Umstrukturierungen“, die Verunsicherungen auslösen, und davon, dass das Bistum stärker „lernende Gemeinschaft“ sein müssen. Vielleicht kann da auch das „Ora et labora“ von Willibald und seinen Mitstreiterinnen eine Hilfe sein: Besinnen und Handeln, Hören und Werben, Verweilen und Hinausgehen. Einen Dialog auf Augenhöhe führen, sich gegenseitig erzählen und zuhören können, Widersprüche aushalten, auch in anderen Positionen und Ideen Gottes Geist erkennen – das könnte vielleicht eine Hilfe sein, um über die erforderlichen Personal-, Struktur- und Finanzpläne hinaus die Menschen mitzunehmen. Dass der Bischof und sein Team hinausgehen und auf die Lebenswirklichkeit vor Ort treffen, wäre dabei eine große Hilfe. Und dass auch neue Wege der Synodalität, der Beratung und Beteiligung ausprobiert werden müssen. So erklärte der Eichstätter Sozialethiker André Habisch im Rahmen der Willibaldswoche: Ein wichtiger Faktor sei es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einzubinden. „Das Einräumen von Partizipation bringt nur Vorteile für eine Institution“, sagte er wörtlich. Das dürfte für die Weltkirche, für Deutschland, für ein Bistum, ein Dekanat und genauso für einen Pfarrverband gelten. Mit einer „Kultur der Partizipation“ muss schleunigst neues Vertrauen geschaffen werden, um gemeinsam wie der heilige Willibald die Aufgabe der Verkündigung glaubwürdig meistern zu können. Vielleicht kann dann eine Kirchweih auch wieder stärker zu einer Einladung werden, mit dem christlichen Glauben und der Frohen Botschaft in Berührung zu kommen.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg

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