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24.04.2023

Wieder hinausfahren - Österliche Gedanken zu aktuellen Missbrauchsfällen in der Region

Foto: pixabay

Es ist dunkel. Simon Petrus, Thomas, Natanael, Johannes und Jakobus sowie zwei andere Männer beschließen noch vor Anbruch der Dämmerung fischen zu gehen. Es ist das, was sie gelernt haben, bevor Jesus sie zu „Menschenfischern“ machte und sie ihm durch das Land folgten. Nun aber ist es düster um sie herum. Jesus ist nicht mehr da. Er wurde gekreuzigt. Er ist zwar auferstanden und ihnen auch schon zweimal begegnet, doch sie fühlen sich alleine gelassen und überfordert. Noch immer sind sie niedergeschlagen. Jetzt sind sie wieder in Galiläa zurück, um ihrem angestammten Beruf als Fischer nachzugehen. Doch sie fangen nichts. Die Netze sind, als sie wieder zurückkehren, leer.

Als kirchlicher Mitarbeiter – schon seit Jahrzehnten ehrenamtlich und seit zehn Jahren beruflich – erlebe auch ich derzeit viel Dunkelheit um mich herum. Vieles ärgert mich und bedrückt mich in diesen Tagen und Wochen – wo doch Jesus auch von mir will, dass ich als sein Jünger „Menschen fische“, sie also für ihn und seine Frohe Botschaft begeistere. Aber ich bin entsetzt und erschüttert über mutmaßliche Missbrauchstäter in Pfarreien der Dekanate Neumarkt und Habsberg. Das meiste habe ich nur aus der Zeitung gelesen, aber das wenige, was ich lese, drückt mich nieder. Wie konnte in unserer Kirche Platz für Grenzüberschreitungen, Machmitmissbrauch und sexueller Gewalt sein?

Auch ich habe die Verdächtigen gekannt, mit ihnen geredet, geplant und bisweilen geschmunzelt und gelacht. Ich hatte Respekt vor ihrer Arbeit und ihren Verdiensten. Und so will ich mir weder aus der Ferne ein Urteil erlauben noch es bei einer oberflächlichen Medienschelte belassen. Wenn von München, Köln oder Freiburg und dem dortigen Umgang mit Missbrauch gesprochen wird, hat das eine andere Dimension, als wenn Fälle in unserer Stadt, in unseren Dekanaten bekannt werden und mir die mutmaßlichen Täter persönlich bekannt waren. Und so bin ich erschüttert und geknickt, sprachlos und leer. Wie wollen wir das „Menschen fischen“ und ihnen das Evangelium verkünden?

Mich schmerzt und lähmt auch, dass es in unserem Bistum Mechanismen, ja bisweilen sogar kriminelle Energien gab, um zu schweigen, zu vertuschen und zu verharmlosen – bis in die jüngste Vergangenheit hinein. Mich schmerzt und lähmt, dass sich ein System entwickeln konnte, das dies alles ermöglichte und beförderte. Mich schmerzt und lähmt es, dass jetzt zwar die bekanntgewordenen Fälle akribisch abgearbeitet werden, dass sich aber ein Wandel in der Gesprächskultur für mich noch nicht abzeichnet. Dass Das Teilen und die Kontrolle von Macht noch immer nicht ernsthaft auf der Tagesordnung stehen. Dass es keine Pläne und Ideen gibt, um eine größere Beteiligung aller zu ermöglichen. Dass es bei uns keine Konzepte entwickelt werden, wie wir Synodalität leben wollen. Dass um ein neues, vertrauensvolles Miteinander gerungen wird. Denn wir brauchen mehr als nur administrative Einzelmaßnahmen und institutionelle Verbesserungen. In unserem Bistum gilt es zudem noch, den Finanzskandal von 2018 aufzuarbeiten, immense Haushaltslöcher zu stopfen, Kosten zu senken und pastorale wie wirtschaftliche Prioritätensetzungen für die Zukunft vorzunehmen. Ich fühle mich in dieser Situation alleine gelassen.

Doch blicken wir an den See Gennesaret: Als die Jünger erfolglos ans Ufer zurückkommen, steht Jesus am Ufer. Simon Petus und seine Kollegen können ihn gar nicht erkennen. Dennoch lassen sie sich von ihm dazu bringen, noch einmal hinauszufahren. Als das Netz später rappelvoll ist, gehen ihnen die Augen auf: Es ist Jesus, der am Ufer steht und uns wieder auf den See geschickt hat. Ihm haben wir es zu verdanken, dass die Netze voll sind. Als sie schließlich zurückkehren, scheint die Sonne und es ist heller Tag. Doch ist es wirklich so einfach: Orientiere dich an Jesus, und alles wird gut?   

Wenn wir als Gemeinschaft der Jünger in diesen schwierigen Zeiten so sehr mit uns selbst beschäftigt sind, die Dunkelheit um uns herum so stark spüren und oft mit leeren Netzen zuückkommen, heißt es doch nicht automatisch, dass wir uns nicht um eine enge Gemeinschaft mit Jesus bemüht hätten. Aber wir haben uns vielleicht zu sehr auf unsere langjährige Erfahrung, auf unser bewährtes Vorwissen und ein vertrautes System verlassen, anstatt Augen und Ohren neu aufzumachen. Oder wir sind blindlings dem Simon Petrus gefolgt, in ein Boot gestiegen und einfach losgefahren, ohne darüber zu sprechen, wo es hingehen soll, welchen Plan wir haben und welche Aufgabe jeder und jede einzelne hat. Oder wir waren nicht achtsam genug, um die Netze an der richtigen Stelle auszuwerfen. So konnte es immer dunkler und düsterer um uns herum werden.    

Den anfangs für die Jünger so Fremden erkannten sie am Ende übrigens als den „Herrn“. Es begann schon damit, als sie es als Gemeinschaft noch einmal probiert hatten, als sie die Netze woanders auswarfen, als sie störenden Ballast aus alten Tagen über Bord warfen. Und plötzlich war ein reicher Fang da: Nicht dort und so, wie sie es vielleicht erwarteten. Aber es waren noch genügend Fische im See, um sie alle, ihre Familien, Mitarbeiter, Freunde und Gäste satt zu machen. Manchmal muss man einfach neu hinausfahren und die Netze anders auswerfen.

Am Ende tragen sowohl die Jünger als auch Jesu selbst etwas zu dem Mahl bei: Die Mannschaft bringt den frischen Fisch, Jesus hat Brot organisiert. Plötzlich wird Tischgemeinschaft mit dem Herrn erlebbar. Plötzlich kehrt neue Freude und neuer Schwung ein. Die Netze neu und richtig auszuwerfen, kann die Nacht zum Tag machen, kann die Netze füllen und uns dabei den Herrn immer tiefer kennen lernen lassen. Wer sich plan- und ideenlos, ohne Kommunikation und Teamarbeit, mit den alten Rezepten in die Arbeit stürzt, wird diese Erfahrungen vielleicht nicht machen können. Ich wünsche meiner Kirche – auch im Bistum Eichstätt –, dass sie Mut und Kraft aufbringt, um die Netze wieder und wieder neu auszuwerfen und dadurch Jesus ständig näher zu kommen. Mit ihm in Berührung zu kommen und mit ihm und untereinander Gemeinschaft haben – das muss uns antreiben und motivieren. Denn darum soll es gehen, wenn wir als „Menschenfischer“ arbeiten. Vielleicht kann ich mich ja auch deswegen schon bald wieder aufraffen, ins Boot zu steigen und mit hinaus zu fahren.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg   

Die nächsten Termine

Sonntag, 05. Mai
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Sonntag, 12. Mai
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Veranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt
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Ort: Evangelische Christuskirche Neumarkt
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19.30 Uhr
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Mittwoch, 15. Mai
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„DAMIT FRIEDEN WÄCHST: DU machst den Unterschied“
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„Don Kosaken Chor Serge Jaroff“ - Konzert
Ort: Pfarrkirche St. Willibald
Veranstalter: Pfarrverband Neumarkt-West
Montag, 20. Mai
09.30 Uhr
20.00 Uhr
Wegweisung - Stärkung - Halt
Veranstalter: Pfarrei St. Johannes Neumarkt
Samstag, 25. Mai
09.00 Uhr
Klostertag: ein spirituell-ökologisches Konzept kennenlernen
Ort: Kloster Plankstetten - Gäste und Tagungshaus
Veranstalter: Benediktinerabtei Plankstetten
Montag, 03. Juni
19.00 Uhr
Ökumenisches Friedensgebet
Ort: Pfarrheim St. Willibald Woffenbach
Veranstalter: Ökumenischer Arbeitskreis Religionsfreiheit
Donnerstag, 06. Juni
14.30 Uhr
Jugendseelsorgekonferenz der Dekanate Habsberg und Neumarkt
Ort: Katholische Jugendstelle Neumarkt
Veranstalter: Katholische Jugendstelle Neumarkt
Samstag, 08. Juni